
Apothekenfortbildung in Österreich
Interview mit Frau Mag. Astrid Janovsky, seit 20 Jahren Apothekerin, die seit vielen Jahren auch als Schulungsreferentin aktiv ist und in den letzten Jahren zu einer der bekanntesten Infofluencerinnen im deutschsprachigen Raum wurde.
Als Apothekerin sehe ich verpflichtende Fortbildungspunkte mit einem weinenden Auge

Warum Mag. Astrid Janovsky verpflichtende Apothekenfortbildungspunkte als Apothekerin mit einem weinenden Augen sieht, welche Rolle Fortbildung für sie selbst spielt, welchen Appell sie an die Pharmaindustrie richtet und welche Kriterien im Rahmen einer Apothekenfortbildung für sie erfolgsversprechend sind, durften wir im persönlichen Gespräch mit der Infofluencerin erfahren.
Witzig & amüsant verpackt – versteht sich :-)
Das Interview
Geführt von Mag. Bianca Czeipek
Liebe Frau Janovsky, schön, dass wir uns heute endlich kennenlernen. Ich bin schon sehr gespannt auf Ihre Insights rund um das Thema Apothekenfortbildung. Immerhin sind Sie die perfekte Gesprächspartnerin:
Als Apothekerin sind Sie laufend mit dem Thema Apothekenfortbildung, für sich und Ihr Team, in Berührung. Als Schulungsreferentin kennen Sie auch die „andere Seite“ und wissen, welche Inhalte spannender oder weniger spannend bei Ihrem Publikum ankommen. Als Österreicherin ist Ihnen unsere Apothekenlandschaft gut bekannt und als Wahl-Deutsche bringen Sie viele Inputs aus unserem Nachbarland mit. Und als Kolumnistin & Infofluencerin sind Sie sowieso immer up to date.
Viele gute Gründe, warum wir uns heute zum Thema Apothekenfortbildung unterhalten müssen 😊.
Aber als Allererstes brennt mir natürlich die Frage auf den Lippen:
Was ist die Geschichte hinter einer der großen Infofluencerinnen der Apothekenwelt im deutschsprachigen Raum?
Mag. Astrid Janovsky: Ich bin seit 20 Jahren Apothekerin, 16 davon in einer Filialleitungsfunktion – auch wenn es diesen Titel offiziell in Österreich nicht gibt. Vor 8 Jahren habe ich meinen Lebensmittelpunkt von Österreich nach Deutschland verlagert und bin jetzt in der Nähe von Stuttgart anzutreffen. Mein Herz schlägt allerdings nicht ausschließlich für den Apothekenberuf, sondern auch für die Weitergabe von Wissen und Informationen. Deshalb bin ich seit mittlerweile einem Jahr nur noch als „Teilzeitschlumpf“ mit 20h in der Apotheke zu finden und verbringe die restliche Arbeitszeit mit Schulungsagenden.
Wie kam es dazu, dass Sie auch als Schulungsreferentin aktiv wurden?
Mag. Astrid Janovsky: Das ist mir tatsächlich passiert. Ich bin gegen Ende des Studium in die Fänge des damaligen Kammerpräsidenten Max Wellan geraten – der mich wahnsinnig gefördert hat und dem ich heute noch sehr dankbar dafür bin. Angefangen mit Assistenzarbeiten bei Veranstaltungen, gefolgt von kleineren Vorträge bei Selbsthilfegruppen & Co. war ich dann regelmäßig als Referentin bei Messen im Einsatz. Mit der Firma Bayer, meinem ersten Industriepartner, durfte ich viele Apothekenvorträge umsetzen. Ich habe dann auch sehr viel Zeit in Öffentlichkeitsarbeit für die Apothekerkammer investiert, wurde Radioapothekerin für Radio Niederösterreich und war auch immer wieder im Fernsehen zu sehen. Damals habe ich auch wahnsinnig viel Zeit in meine eigene Fortbildung rund um das Thema Medienpräsenz (Moderation, Präsentation & Co.) investiert. Mittlerweile gebe ich selbst Schulungen zu dem Thema – das hat aber eher damit zu tun, dass ich seit Anfang diesen Jahres selbst wieder Studentin bin und Sprechwissenschaften und Sprecherziehung studiere 😊
In Österreich ist es ja ab 2024 so weit, dass Apothekenfortbildungspunkte verpflichtend werden. Was halten Sie von dieser Gesetzesnovelle?
Mag. Astrid Janovsky: Als Schulungsreferentin finde ich die neue Gesetzesnovelle natürlich super.
Als Apothekerin – und in meinem tiefsten Inneren bin und bleibe ich immer Apothekerin – sehe ich verpflichtende Fortbildungspunkte auch mit einem weinenden Auge: Nämlich die Tatsache, dass man Fortbildung überhaupt zu einem Gesetz machen muss. Ich war früher Aspiranten-Prüferin in Niederösterreich – am Ende jeder Prüfung war eine für mich sehr wichtige Info an alle Absolvent:innen: An dieser Stelle ist das Lernen nicht zu Ende – unser Beruf ist mit lebenslanger Fort- und Weiterbildung verknüpft, sie ist das Rückgrat unseres Wissens und unserer Qualifikation als Apotheker:innen. In meinem Weltbild sollte Fortbildung daher für jede:n Einzelne:n eine Selbstverständlichkeit sein.
An dieser Stelle muss ich aber auch ganz klar sagen: Österreich ist ein Land mit sehr vielen fortbildungswilligen Apotheker:innen und PKA – somit wird die „Verpflichtung“ für sehr, sehr viele keine gravierende Änderung mit sich bringen.
Zeit ist leider wie überall Mangelware. Können sich Apothekenmitarbeiter:innen überhaupt noch die Zeit für umfangreiche Fortbildungen nehmen?
Mag. Astrid Janovsky: Auf der einen Seite dürfen wir an dieser Stelle die Rechtsgrundlage nicht vergessen. Im Volldienst werden Pharmazeut:innen ab dem zweiten Dienstjahr für 24 Stunden pro Jahr für Fortbildung freigestellt, im Teildienst im aliquoten Anteil. Da ist dann der Großteil der erforderlichen, verpflichtenden Fortbildungsstunden bereits abgedeckt. Außerdem kenne ich sehr viele Arbeitgeber:innen, die ihren Mitarbeiter:innen Fortbildung, die sie für sinnvoll erachten, auch ermöglichen.
Auf der anderen Seite ist Fortbildung natürlich etwas, das mir als Person auch etwas bringt – nicht vorrangig dem Betrieb. Laufende Fortbildung ist quasi mein persönliches Markensteinchen, das auf meine Qualifikation als Arbeitskraft einzahlt. Dazu fällt mir ein sehr treffendes Zitat eine Freundin ein: Die beste Investition ist Investition in die Bildung.
Wie wird Apothekenfortbildung aktuell in Deutschland gelebt?
Mag. Astrid Janovsky: In Deutschland ist Apothekenfortbildung sehr föderalistisch, jedes Bundesland hat seine eigene Kammer. In Österreich wird in meiner Wahrnehmung nach von Kammerseite mehr getan, außerdem sind Apothekenfortbildungen in Deutschland häufig kostenpflichtig, selbst Kammerveranstaltungen. Das wäre in Österreich undenkbar. Übrigens: Fortbildungspunkte gibt es in Deutschland auch, diese sind aber nicht verpflichtend.
Vergleicht man die Situation mit Österreich muss man klar sagen: Fortbildung ist in Österreich, auch von Kammer- und Verbandseite, sehr gut organisiert. Diese Tatsache wird oft gar nicht richtig wertgeschätzt, weils halt eben schon zum gelebten Standard geworden ist.
Welche Fortbildungsformate sprechen Sie an? Und was hat sich Ihrer Meinung nach in den letzten Jahren, v.a. durch die Pandemie, verändert?
Mag. Astrid Janovsky: Corona hat die Fortbildungslandschaft auf den Kopf gestellt. Online-Formate bleiben, was natürlich in einem Land wie Österreich, mit seiner Topografie, naheliegend und auch zu befürworten ist.
Persönlich schätze ich Webinare, sowohl als Referentin als auch als Teilnehmerin, sehr. Fortbildung in der Rolle als Teilnehmerin, auch mal in Jogginghose und Chips auf der Couch, hat schon was für sich und ermöglicht es, Wissenserweiterung sehr unkompliziert in meinen Alltag zu integrieren
Als Referentin war ich nicht immer Fan von Webinaren. Mein erstes Mal war vor ca. 15 Jahren, es war ein Versuch – und es war eine Vollkatastrophe. Ich habe mir damals geschworen: Das mache ich nie wieder. Diese Meinung habe ich mittlerweile revidiert 😊. Der Vorteil, nicht stundenlang zu einer Schulung anreisen zu müssen, ist schon sehr reizvoll. Aber wie immer im Leben geht es um ein gutes Mittelmaß: Zu viel Fortbildung in der Online-Welt macht einerseits bequem und anders ist es auch sehr schwer, mit dem Publikum zu interagieren – viele Teilnehmer:innen sehe ich ja nicht einmal vor der Kamera. Und da ich sehr gerne und sehr stark mit meinem Publikum interagiere und Energie rüberbringen möchte, stehe ich sehr, sehr gerne persönlich vor meinem Publikum.
Welche Voraussetzungen werden Ihrer Meinung nach heutzutage an Präsenzveranstaltungen gestellt?
Mag. Astrid Janovsky: Um eine Präsenzveranstaltung für mich spannend zu machen, ist Mehrwert ein absolutes Must have. Hier spreche ich jetzt aber nicht von Essen oder sozialem Austausch – sondern einem tatsächlichen Extra, das die digitale, 2-dimensionale Welt nicht bieten kann. Ich verwende in meinen Vorträgen z.B. sehr gerne „oldschool“ Elemente wie Pinnwände oder Flipcharts, vermische das Ganze mit modernen Abstimmungstools und baue kleine Trainingseinheiten in den Schulungsablauf ein. Interaktion mit dem Publikum ist für mich das oberste Gebot – gemeinsam mit der Verbindung, die ich zu meinen Teilnehmer:innen während einer Schulung aufbaue.
Ein sehr innovatives Konzept einer Präsenzveranstaltung ist definitiv die Apothekentour, die ja bereits in wenigen Tagen in Österreich über die Bühne geht (Anmerkung der Redaktion: Apothekentour von 4.-5. November 2023 in Wien, nähere Informationen unter www.apothekentour.at). Hier kommen so viele Aspekte zusammen: Interaktion, Ausstellung ohne Verkauf aber mit umso mehr Informationsvermittlung und persönlichem Austausch, aber auch klassische Vorträge, Essen, Trinken, sogar eine Candybar wird angeboten. Es gibt ein Bällebad für Erwachsene, jede Menge Foto-Points und so viel mehr. In meinen Augen ist die Apothekentour aktuell die beste Version von Infotainment, die angeboten wird.
Aus Sicht als Apothekerin, auch als Vorgesetze: Welche Schulungsformate können aus Ihrer Sicht vernünftig in den Apothekenalltag integriert werden?
Mag. Astrid Janovsky: Prinzipiell freue ich mich über alle Fortbildungsangebote, die zu mir „ins Stübchen“ kommen. Kurzschulungen können relativ einfach in den Apothekenalltag integriert werden – haben für den Schulungsreferenten aber auch gewisse Grenzen, weil die Aufmerksamkeit im Daily Business natürlich enden wollend ist. Eine wunderbare Möglichkeit für Produktschulungen – warum ich auch gleich einen Aufruf an die liebe Pharmaindustrie starten möchte: Wenn ihr ein neues Produkt auf den Markt bringt, macht bitte dazu Schulungen, möglichst schon, bevor das Produkt in der Werbung landet. Vielen Dank! 😊
Online-Schulungen, möglichst on demand, für 5-10 Minuten, können in toten Phasen ebenfalls gut in den Apothekenalltag integriert werden.
Inhaltlich ist für mich eines ganz klar: Apothekenmitarbeiter:innen haben natürlich das größte Interesse daran, Fortbildungsinhalte so vermittelt zu bekommen, dass sie Erlerntes direkt am nächsten Tag an der Tara einsetzen können. Also bitte, egal welches Format, Schulungsinhalte sollten so praxisbezogen wie möglich vermittelt werden.
Welche konkreten Unterschiede sollten in der Fortbildung, adressiert an Pharmazeut:innen bzw. PKA, gemacht werden?
Mag. Astrid Janovsky: Ich finde, beim Thema Fortbildung sollten die Berufsgruppen gar nicht so auseinanderdividiert werden. Eine gute Fortbildung sollte Apotheker:innen und PKA ansprechen. Ein:e PKA muss genauso über Nebenwirkungen und Wechselwirkungen informiert werden und Problemfelder erkennen – denn am Ende des Tages stehen beide Berufsgruppen an der Tara. Ja, es gibt die rechtliche Abgrenzung der Zuständigkeiten in der Apotheke – aber das „pure Wissen“ hier einzuschränken finde ich schlicht und ergreifend falsch, arrogant und überheblich.
Und welche Unterlagen zum Nachlesen sind Ihrer Meinung nach zeitgemäß?
Mag. Astrid Janovsky: Mittlerweise sind wir auch in den Apotheken so digital, dass Unterlagen, online zur Verfügung gestellt, in meinen Augen die effizienteste Form sind: Ein Kärtchen mit einem QR-Code der zu einer Website, einem pdf, … verlinkt – gerne so unkompliziert wie möglich. Online schlägt hier auch ganz klar das Fax – z.B. die Anmeldung zu einem Gewinnspiel sollte mit einem Klick möglich sein, Faxanmeldungen sind hier definitiv zweitrangig. Auch die Zeiten des 20-seitigen Hochglanzfolders sind vorbei.
Weil: Das Fortbildungspublikum ist jung – die subjektive Astrid-Janovsky-Schätzung würde 70% des Schulungspublikums auf unter 30 Jahre schätzen.
Die „kleine Karotte“ zum QR-Code ist aber nach wie vor fein – Punkte sammeln bei kurzen Wissenschecks, ein kleines Goodie oder ähnliches sind immer zu begrüßen. By the way: Das beste Werbegeschenk ist ein Produktmuster – da haben beiden Seiten etwas davon. Entbehrlich finde ich Werbegeschenke, die weniger Nutzen haben als sie Umweltverschmutzung produzieren (Aktuelles Beispiel: Duschbomben – bitte Finger weg von dieser Idee!)
Wie können Fortbildungsinhalte einfach innerhalb des Teams geteilt werden?
Mag. Astrid Janovsky: Kommunikationskultur in der Apotheke funktioniert leider zu einem größeren Teil so gar nicht… Die interne Kommunikation, zumindest auf 2015 aufzurüsten, wäre schön. Natürlich gibt es WhatsApp Gruppen – gut organisierte Kommunikationskanäle sind leider trotzdem Mangelware. Es gibt mittlerweile ein paar sehr gute Apps, die eine geordnete Kommunikation ermöglichen – aber natürlich müssen diese Tools auch konsequent genutzt werden, es benötigt Leitlinien, Zuständigkeiten, etc.
Was raten Sie einem/r Brand Manager:in, der/die ein Fortbildungskonzept ausrollen möchte?
Mag. Astrid Janovsky: Ganz klar:
#1 Kommen Sie zur Apothekentour!
#2 Multichanneling bietet viele Möglichkeiten für viele Gustos. Ein Webinar ist massentauglich, bei Präsenzveranstaltungen überleg dir einen Mehrwert.
Vielen lieben Dank für Ihre Zeit und die vielen Insights. Ich freue mich schon darauf, Sie am Wochenende bei der Apothekentour persönlich kennenzulernen 😊


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