Interview mit Mag. Susanne Eibegger, die die OTC-Erfolgsgeschichte von Bayer Österreich seit Jahrzehnten mitgestaltet, die die Marketing- und Sales Perspektive vereint, und eine absolute Kennerin der österreichischen Apotheken ist: Wie funktioniert erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb, wie geht gute Apothekenschulung, was brauchen wir noch an Infos zur neuen Apothekenfortbildungsnovelle – und was denkt sie über KI?
„Ich verstehe das Außendienst-Team als ersten Kunden“
Das Interview
Geführt von Johanna Gugler
Bayer Österreich gehört zu den Top-Playern im österreichischen OTC-Markt. Eine Person, die diesen Erfolg seit fast unglaublichen 35 Jahren wesentlich mitverantwortet, ist Susanne Eibegger. Nach ihrem Einstieg bei Bayer im Februar 1989 entwickelte sie sich nach wenigen Jahren zu einer tragenden Säule des Unternehmen, übernahm 1994 die Rolle der Marketingleiterin und wechselte 2010 bei Consumer Health als Managerin in den Salesbereich, wo sie auch heute noch mit ihrem Team Erfolgsgeschichten schreibt.
Mehr als genug Gründe, um sie zum Talk zu bitten und mit ihr über aktuelle OTC-Themen zu sprechen, allem voran die Apotheken-Fortbildung.
Liebe Susi – gleich direkt: Bayer ist stets vorne mit dabei, wenn es um die Zufriedenheit der Apotheken mit den OTC-Unternehmen geht. Was macht ihr richtig?
Danke für die Lorbeeren! Eine wichtige Basis sind unsere Produkte. Qualität und Produktwirkung sind für Bayer exorbitant wichtig. Was an Produktversprechen gegeben wird, wird auch geliefert und das wissen sowohl die Apotheker als auch die Konsumenten. Wobei Qualität und Wirkung natürlich – zurecht –immer vorausgesetzt werden. Zusammengefasst könnte man sagen: „wo Bayer draufsteht bzw. was von Bayer kommt, da ist Qualität drinnen“.
Und als nächstes ist es die tolle Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb, mit vielen langjährigen Mitarbeiter:innen, die die Kunden und auch die Marken kennen.
Marketing und Vertrieb – du hast beides bei Bayer Consumer Health über mehr als 10 Jahre geleitet. Wie geht gute Zusammenarbeit deiner Meinung nach?
Es darf – und muss – diskutiert werden, da geht es auch bei uns durchaus einmal heiß her. Aber es ist nie persönlich, sondern immer in der Sache, mit dem Ziel, gemeinsam etwas zu erreichen.
Und wir haben auch Brand Teams, die sich aus dem verantwortlichen Brand Manager und 2 Leuten aus dem Außendienst zusammensetzen. Hier werden dann zum Beispiel auch die Inhalte von Foldern gemeinsam abgestimmt. Das heißt der Vertrieb hat ein Mitspracherecht und aus diesem Ansatz entstehen dann die Top Materialien für unsere Apothekenteams.
Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb bei euch bei einer Neueinführung aus?
Ich verstehe das Außendienst-Team als ersten Kunden, wenn es um neue Produkte geht. Wenn wir ein neues Produkt einführen, muss ich mir überlegen: wie übersetze in den Produktnutzen dann so, dass die relevanten Botschaften bei den Zielgruppen (Konsumenten, Apotheker, AD) optimal ankommen. Und dann entwickeln wir in der Launchphase unsere Botschaften gemeinsam mit dem Außendienst weiter. Natürlich gehen wir mit einem klaren Konzept in die Kundengespräche hinein aber dann schauen wir gemeinsam, was der Markt uns zurückspielt. Manchmal ist das zweite oder dritte Argument relevanter – dann ändern wir die Reihenfolge. Wir verlieren nicht unsere Botschaft aus den Augen, aber das Einstiegsargument ist unter Umständen ein anderes.
Nicht nur, aber besonders bei Neuprodukten ist das Thema Apothekenschulung wichtig. Die Apothekenmitarbeiter:innen haben laut OTC Mirror regelmäßig hohe Ansprüche an die Apothekenfortbildung, aus ihrer Sicht werden diese Ansprüche aber nur mittelmäßig erfüllt. Woran könnte das liegen?
Das liegt meiner Meinung nach auch viel an der Erwartungshaltung. Zum Beispiel: Gehe ich in meiner Arbeitszeit oder in meiner Freizeit da hin? Wir haben oft aufwendige Abendveranstaltungen in schönen Locations und mit tollen Referenten gehabt. Die haben dann halt auch erst um 19:00 Uhr begonnen, damit die Mitarbeiterinnen nach Apothekenschluss noch Zeit hatten, anzureisen. Die Teilnehmer:innen kommen dann aber auch nicht vor halb 10 nach Hause – ich verstehe voll, dass das nicht jederzeit für alle eine optimale Lösung ist.
Dann gibt es auch vielerorts die Erwartungshaltung, nach einer Präsenzveranstaltung mit Mustern oder sonstigen Goodies nach Hause zu gehen oder einer Disco/einem Unterhaltungsprogramm nach der Fortbildung– Da gibt der Pharmig-Verhaltenskodex ganz klare Vorgaben und an die halten wir uns als Bayer selbstverständlich.
Und natürlich möchte man bei Fortbildungen auch immer was Neues hören – das ist gerade im OTC-Umfeld, besonders bei etablierten Marken wie bei uns, auch immer eine Herausforderung. Somit ist man als einzelnes Unternehmen sehr gefordert, unter Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen, dennoch ein spannendes Format und wertvolle Inhalte zu liefern.
Welche Tipps hast du für erfolgreiche Apothekenschulungen, die erfolgreiche Information von Apothekenmitarbeiterinnen? Was hat bei euch gut funktioniert?
Da geht’s für mich sehr um den Erlebnisfaktor. Nehmen wir das Beispiel der Apothekentour. Da haben die Besucher:innen das Produkt selbst ausprobiert. Da kann man direkt erleben: Wie fühlt sich die Bepanthen Salbe an, und wie das Gel. Diese Erfahrung kannst du mit 1000 Worten nicht ersetzen.
Viele Worte sind außerdem ohnehin nicht das Richtige – Zeit ist ein knappe Ressource, d.h. ich kann in der Apotheke nicht stundenlang über ein Produkt reden. Ich muss eine kurze, relevante Geschichte parat haben, die relevant ist für die Apothekenmitarbeiter:innen und logisch für die Konsument:innen. Ich muss die Menschen dort abholen, wo es Wissen und Erfahrung gibt, und darauf aufbauen. Und dann kurze und relevante Botschaften finden.
Kurz und knackig und vor allem alltagsrelevant, dass sind die Kernanforderungen, damit Inhalte von den Apothekenteams gerne genommen werden. Ob das dann über den Außendienst kommt, oder als Live-Seminar, Webinar, Video etc., hängt dann von anderen Zielsetzungen und Rahmenbedingungen ab.
Nächsten Sommer soll die verpflichtende Fortbildung der Apothekenmitarbeiter starten. Es gibt im Moment noch nicht viele Details dazu. Welche Informationen braucht die Industrie aus deiner Sicht, um die ein optimales Schulungsangebot machen zu können?
Für uns – und sicher alle anderen Unternehmen auch – ist es ein wichtiges Thema mit noch einigen Fragezeichen.
Das beginnt bei der Frage, wie die Anteile von neutraler Information zu Produktinformation sein sollen, ob und an welchen Stellen ein Logo präsentiert werden darf, welche Formate zertifizierbar sind (zum Beispiel auch Podcasts?), ob es eine Erfolgskontrolle braucht, und ob auch Verkaufstrainings oder Trainings von sozialen oder auch allgemeinen wirtschaftlichen Kompetenzen akkreditiert werden können. Wir sind sicher, dass das erweiterter Schulungsangebot für die Apotheker ein wichtiger Baustein für die Standortsicherung der Apotheken in Österreich sein kann und als Bayer natürlich gerne bereit, hier auch aktiv zu unterstützen und maßgeschneiderte Schulungen mit Mehrwert für die Apotheken anzubieten.
Wie relevant findest du Schulungen in wirtschaftlichen Fragestellungen für die Apothekenteams?
Sehr wichtig! Die Apotheke ist für uns bei Bayer DER Partner, auch in Zukunft. Und damit liegt uns auch das Wohlergehen der österreichischen Apotheken am Herzen, um die österreichische Bevölkerung bei Gesundheitsthemen bestmöglich zu versorgen. Und ja, bei wirtschaftlichen Themen sehe ich noch einiges an Schulungspotenzial, wo die Industrie unterstützen könnte.
An welche Themenbereiche denkst du dabei?
Das sind Themen wie Verkaufspsychologie, Category Management, Zusatzverkauf, Wirtschaftlichkeitsüberlegungen im Einkauf und so weiter. Das sollte meiner Meinung nach genauso akkreditiert werden können, damit die Schulungen dem Vertriebskanal Apotheke helfen, den hohen Qualitätsstandard zu halten und auch wirtschaftlich was bringen.
Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, Profis aus dem Apothekenbereich loszuschicken und den Teams zu erklären, wie Category Management funktioniert und warum das Thema für die Apotheke in Zukunft immer wichtiger werden wird. Wie man im Computer rausfindet, wieviel Basket-Umsatz man macht und was das überhaupt ist. Wie man eine gelungene Promotion macht, wie man dem Team Ziele setzt und so weiter. Und als Grundprinzip immer wieder zu kommunizieren, dass Verkauf nicht unethisch ist, sondern überlebensnotwendig, um die Zukunft der Apotheken langfristig und nachhaltig zu sichern.
Stichwort überlebensnotwendig – hier abschließend ein anderes, hochaktuelles Thema: Wie ist dein Zugang zum Thema Künstliche Intelligenz?
Das, was ich bisher von der KI gesehen habe, bietet tolle Chancen und die Kollegen sind schon dran zu prüfen ob und wie wir nutzen könnten. Ob die KI ein Ersatz für einen persönlichen Kontakt sei kann, da bin ich eher skeptisch. Da bevorzuge ich lieber mit „echten“ Menschen am Tisch – ohne Handy – am Tisch und genieße die gemeinsame Zeit
Beim Thema Digital Marketing sind wir vorne dabei, und haben grad mit einer innovativen digitalen Aspirin Complex Out of Home Kampagne nicht nur in Österreich bereits 8 Preise gewonnen, sondern gerade 2 x Gold bei den Smarties erreicht und da auf europäischer Ebene wirklich top abgeschnitten.
Aber ob die KI ein Ersatz für einen persönlichen Kontakt sei kann, da bin ich eher skeptisch. Da sitze ich lieber mit „echten“ Menschen am Tisch – ohne Handy – und genieße die gemeinsame Zeit.
JG: Danke dir, dass du dir die Zeit für unseren DREHM Strategies – Talk genommen hast! Und viel Erfolg für dich und dein Team für 2024 – mit allen Neuerungen, die auf uns zukommen!
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