Die frischgebackene und innovative Apothekerin der Stadtapotheke Knittelfeld im Gespräch über Fortbildung, Zusatzleistungen, Eigenprodukte und Onlineshop
„Ich möchte nicht nur Punkterl sammeln.“
Das Interview
Geführt von Johanna Gugler
Mitten im Herzen der Steiermark liegt eine der innovativsten Apotheken Österreichs. Anfang April hat Mag. pharm. Michaela Zaversky, die schon zuvor Initiatorin vielen Neuerungen im Betrieb war, auch offiziell die Leitung des traditionellen Familienbetriebs übernommen. Ein Gespräch über die Herausforderungen der Fortbildungsnovelle, Herausforderungen und Hands-on Arbeit hinter der „Tara“ eines erfolgreichen Apotheken-Onlineshops, und den Nutzen eines Computers.
Liebe Michaela - Fortbildung ist aktuell ein großes Thema in Hinblick auf die in Kürze startende Fortbildungsverpflichtung für Pharmazeut:innen. Was sind deine Gedanken dazu?
Ich hab gemischte Gefühle dazu. Gleich vorweg – ich finde Fortbildung ganz wichtig, aber es gibt Aspekte, die aus meiner Sicht zu wenig Berücksichtigung finden. Zum Beispiel, was die Möglichkeiten der Anrechnung betrifft. Ich bin zum Beispiel vor Jahren durch Zufall auf einen Vortragenden gestoßen, der an der Uni bei uns Seminare gehalten hat, die die Räume bis zum letzten Platz gefüllt haben – die Leute sind bis vor den brechend vollen Saal gestanden. Der Referent ist heute europaweit als Business Coach im Einsatz, und bietet im Herbst in der Nähe ein 5tägiges Seminar an. Seine Themen machen für mich als Apothekenleiterin wirklich Sinn – definitiv mehr, als das zigste Webinare zu Thema Magnesium, um ein Beispiel zu nennen. Ich möchte Fortbildungen machen, um mich und die Qualität der Apotheke wirklich vorwärtszubringen, und nicht, um Punkterl zu sammeln…
Der vorgesehen Rahmen für die Fortbildungen bietet viele Möglichkeiten mit pharmazeutischen und auch wirtschaftlichen Themen, so individuell gestaltbar ist er leider nicht. Für dich als selbständige Apotheker – Gratulation noch einmal! – gibt es auch finanzielle Aspekte der Fortbildungsverpflichtung.
Richtig. Wir haben es bisher bei uns auch schon so gehandhabt, dass wir die Kosten für gute Fortbildungen übernehmen und das auch als Arbeitszeit sehen, zum Beispiel tageweise Fortbildungen in der Mikronährstoff-Akademie. Wenn wir jetzt umrechnen, dass jede Pharmazeutin, jeder Pharmazeut pro Jahr eine Woche weg ist, dann sind das Personalkosten von 2.500 Euro pro Person und Jahr. Wir bei uns im Team schaffen das meistens noch auszugleichen, aber für eine kleinere Apotheke, die dann Ersatz braucht und zahlen muss, kann das schon ein Thema sein. Und da sind die eigentlichen Kosten der Fortbildung noch nicht berücksichtigt.
Ein Thema das Anbieter von Fortbildungen – oder von Informationen allgemein – beschäftigt ist die Frage, welche Inhalte denn am wichtigsten sind. Was unsere Gespräche mit verschiedensten Mitarbeiter:innen in Apotheken gezeigt haben ist, dass die Tendenz in Richtung kurz & knackig geht, und dass Sie vor allem tararelevant sein muss. Wie siehst du das?
Praktischen Nutzen finde ich auch sehr wichtig. Von den Seggauer Fortbildungstagen letztes Jahr war unsere Pharmazeutin, die dort war, erstmals wirklich angetan. Da ging es um das Thema Würmer – was zwar etwas grausig war – aber es wurde praxisorientiert genau das diskutiert, was wir regelmäßig an Themen in der Apotheke haben. Sie hat da viel mitgenommen.
Wenn ich an die Medien denke: Die ÖAZ ist fachlich natürlich sehr gut – teilweise sehr theoretisch. Nach dem Aspirantenjahr habe ich zum Beispiel die Apothekerkrone sehr gern gelesen, weil sie mir einen besseren Überblick über die Produkte und die Themen vermittelt hat.
Nimmst du bewusst Änderungen in der Fortbildungslandschaft wahr?
In der Corona-Zeit hat sich da schon sehr viel getan, da gab es plötzlich ein unglaubliches Angebot an digitalen Fortbildungen. Das ist jetzt deutlich weniger geworden – ich kann aber nicht sagen, ob es am Angebot oder an der Nachfrage liegt. Ich denke schon, dass es für viele eine Hürde ist, sich nach Dienst nochmals allein vor den Bildschirm zu setzen. Gefühlt ist da im Moment recht wenig Angebot.
Welche Themen würden dich, abseits von Führungsthemen, interessieren?
Was ich vermisse, und ich glaub da bin ich nicht die einzige, ist ein neutraler Überblick über den Markt. Es gibt da einerseits die fachlichen Informationen, allerdings meist nur zu Wirkstoffen, und auf der anderen Seite eine riesige Menge an verfügbaren Produkten. Es ist wirklich herausfordernd, da die Übersicht zu behalten: Welche Wirkstoffe sind in der Indikation XY verfügbar, was sind die Vor- und Nachteile, und in welchen Produkten ist was enthalten. Es würde wirklich helfen, die Informationen strukturiert verbunden zu bekommen. Früher hatte ich das noch besser im Kopf, als wir die Produkte in den Schubladen hatten – mit dem Roboter, der die Produkte aus dem Lager holt, ist mit der Zeit dieser Übersichtsblick verloren gegangen.
Brauchen junge und etablierte Pharmazeut:innen die gleiche Information?
Hm, nicht unbedingt. Jetzt habe ich zum Beispiel grad wieder nachgelesen, wie ein bestimmter Blutdrucksenker funktioniert – das hab ich alles früher genau gewusst, aber man braucht es dann nicht, und vergisst.
Das Furchtbarste aber war der Apothekenanfang. Das war wirklich schlimm, als die Leute dauernd Namen genannt haben, mit denen ich überhaupt nichts anfangen konnte. Da hab ich das Gefühl gehabt, mein Kopf platzt gleich. Auch in dem Fall – so ein neutraler Überblick über Wirkstoffe, Produkte, Vor- und Nachteile, das wäre schon nützlich.
Ihr bietet in der Apotheke auch spannende Zusatzleistungen an, wie ist dein Bezug dazu?
Ja, den Bioscan zum Beispiel, von dem bin ich sehr überzeugt, obwohl er sehr umstritten ist. Das mache ich seit 6 Jahren, hab hunderte Kund:innen getestest. Mich selbst teste ich alle zwei Monate. Ich konnte da schon zum Beispiel schon bei vielen, wo ich es etwa aufgrund von Krankheiten vermutet habe, gravierende Vitaminmängel feststellen, die die Betroffenen dann gezielt beheben konnten. Auch die TEM-Ausbildung hat mir die Augen geöffnet, und meinen Wissenshorizont unglaublich erweitert. Es gibt so viele Möglichkeiten, und vieles davon erzeugt leider oft nur Augenrollen. Faszienrollen werden gehypt jetzt, dabei gibt es Hinweise, dass die quasi schon zu Christi Geburt eingesetzt wurden.
Du investierst viel Zeit und Herz in dein apothekeneigenes Sortiment und in deinen Onlineshop. Was sind da deine Herausforderungen?
Ja, viel Zeit. Aber ich mach es – meistens – gern, oft am Abend oder am Wochenende, weil ich so ab 16.00 Uhr auch Zeit mit meinen Kindern verbringen möchte. Die Entwicklung der Produkte – zu schauen, was fehlt in der Apotheke noch, wie könnte die Zusammensetzung aussehen, das ist eine tolle Arbeit.
Ich habe mir auch viel selbst beigebracht. Die Shop-Seite mach ich zum Beispiel selbst, auch wenn ich das wohl irgendwann aus Zeitgründen sein lassen muss.
In die Bewerbung vom Shop habe ich mich auch selbst eingelernt, nachdem wir mit der ersten Werbefirma binnen zwei Wochen einen Haufen Geld ohne Ergebnis versenkt haben. Dann habe ich das sofort gestoppt, wir haben den Shop weiter mit neuen Produkten ausgebaut, ich hab Schulungen gemacht und die Ads selber gebaut und gesteuert. Damals war ich super informiert – aber ich hab die Zeit einfach nicht mehr gehabt und musste es dann wieder auslagern. Heute hätte ich wieder null Ahnung, weil schon wieder alles anders funktioniert.
Wo ich überhaupt aussteige, ist die Kennzeichnung und das Texten für die Produkte, damit das rechtlich sauber ist. Da müsste ich mich stundenlang hinsetzen, bis ich das verstehe, und glaub ich, würde ich noch Fehler machen. Da bin schon froh, dass ihr bei DREHM das für mich macht.
Sind in deinem Team alle so innovativ wie du?
Nein, das ist wie überall ganz unterschiedlich. Manche leben für den Onlineshop und sehen das ganz klar als die Zukunft. Andere sind 30 Jahren bei uns im Geschäft, machen eine großartige Arbeit, und ich möchte sie nicht missen – aber ihnen wäre lieber, die Zeit wäre so, wie vor Corona.
Du hast in deiner Familie ja direkt den Fortschritt innerhalb der Apotheke miterlebt.
Ja, ich muss oft daran denken, wie meine Großeltern den Betrieb übergeben haben. Meine Oma hat damals mit meinem Vater gestritten, warum er denn einen Computer kauft. Das würde ja „überhaupt niemand brauchen“. Darüber können wir heute herzlich lachen. Ohne Tool für das Mitarbeitermanagement, ohne Roboter, das ginge gar nicht mehr. Und für mich ist auch der Onlineshop nicht mehr wegzudenken.
JG: Vielen Dank für deine Zeit, und für die Einblicke, die du uns gegeben hast! Wir wünschen dir und deinem Team weiterhin viel Erfolg – und dir auch noch viele weitere großartige Ideen, und Energie für die Umsetzung!
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